Forschungsprojekt
Projektart: Eigenprojekt Gefördertes Projekt Studie
Integration in der Produktion

Beschreibung / Inhalte

In einem groß angelegten Projekt mit einem großen deutschen Industrieunternehmen evaluieren wir die bestehenden Integrationsprozesse für Mitarbeitende mit gesundheitlichen Einschränkungen in der Produktion. Die Evaluation verfolgt ein quasi-experimentelles Design mit zwei Messzeitpunkten unter Verwendung von Daten aus Gruppen-Interviews, Online-Befragungen und objektiven System-Daten. Ziel ist die Erarbeitung konkreter Handlungsempfehlungen zu einem umfassenden Diversity-Management und zur gesamtheitlichen Optimierung der Integrationsprozesse.

Ausgangssituation
Der demografische Wandel führt zu einem massiven Anstieg des Durchschnittsalters in vielen Industrienationen und stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Da mit steigendem Lebensalter gesundheitliche Einschränkungen tendenziell zunehmen und insbesondere Krankheiten des Bewegungsapparats und des Herz-Kreislauf-System vermehrt auftreten, sind Arbeitsbereiche mit vorwiegend körperlichen Tätigkeiten, etwa die Produktion, hiervon verstärkt betroffen. So steigt die Anzahl der schwerbehinderten und leistungsgewandelten Mitarbeitenden auch bei Unternehmen der produzierenden Industrie, wie beispielsweise unserem Kooperationspartner. Dadurch können immer mehr Mitarbeitende in der taktgebundenen Fertigung die vorgegebene Standardleistung nicht mehr erbringen. Ausserdem führen Arbeitseinschränkungen häufig dazu, dass die Rotationsvorgänge innerhalb der Arbeitsgruppen über die Arbeitsplätze hinweg nicht mehr vollständig aufrecht erhalten werden können. Als Reaktion auf diese Entwicklungen wurde bei unserem Kooperationspartner in den letzten Jahren eine Systematik entwickelt, um leistungsgewandelte Mitarbeitende durch unterschiedliche Massnahmen, wie etwa Arbeitsplatzanpassungen und Umsetzungen auf andere Arbeitsplätze, wieder an die Standardleistung heranzuführen.

Fragestellung und Ziele
Im Mittelpunkt des Projektes steht die Evaluation der bestehenden Integrationsprozesse sowie die Formulierung konkreter Handlungsempfehlungen für deren Weiterentwicklung. Durch einen optimierten Einsatz von Mitarbeitenden und eine Anpassung von Führungs- und Teamstrukturen soll eine höhere Zufriedenheit der Mitarbeitenden bei gleichzeitig gesteigerter Wirtschaftlichkeit erzielt werden. In diesem Zusammenhang untersuchen wir Effekte des Behinderungsstatus auf verschiedene Ergebnisvariablen, wie beispielsweise individuelle Leistung. Zudem interessieren wir uns für Diversitätseffekte in Bezug auf gemischte Teams aus Mitarbeitenden mit und ohne Behinderung. Darüber hinaus analysieren wir Rahmenbedingungen der behinderungsbezogenen Effekte, insbesondere im Hinblick auf Führungsverhalten und inklusionsförderliches Klima.

Studiendesign
Die Evaluation verfolgt ein quasi-experimentelles Design und basiert auf drei Datenerhebungen: Eine qualitative Befragungsreihe mit Fokusgruppen-Interviews sowie zwei quantitative Online-Befragungen der gesamten Mitarbeitenden im Produktionsprozess. Die qualitative Befragung zu Anfang dient als Grundlage zum ganzheitlichen Verständnis der Problematik und Erfassung relevanter Themengebiete für die Entwicklung der Fragebögen. Die beiden quantitativen Online-Befragungen folgen den Interviews mit einem zeitlichen Abstand von jeweils einem Jahr. Zwischenliegende Interventionsmassnahmen in einem Kontrollgruppendesign bauen auf den gewonnenen Erkenntnissen auf. Als Datenquelle dienen neben den Einschätzungen der Teilnehmer auch objektive HR- und Produktions-Kennwerte.


Aktueller Stand
Im November 2012 wurden 27 qualitative Befragungen in Form von Fokusgruppen-Interviews durchgeführt. Hierbei flossen die Ansichten aller relevanten Mitarbeitenden-Perspektiven (Betroffene, Kollegen, Führungskräfte, Prozessbeteiligte, Top-Manager) ein. Die Ergebnisse dienten als Grundlage für die Erstellung des Fragebogens, der im Juli 2013 allen Produktions-Mitarbeitenden an einem deutschen Produktionsstandort vorgelegt wurde. Es zeigen sich signifikante Unterschiede in den Befragungs-Konstrukten (z. B. Zufriedenheit, Führung) sowohl zwischen Mitarbeitenden-Perspektiven als auch Arbeitsbereichen. Es lassen sich ebenso Zusammenhänge zwischen Befragungs-Konstrukten und objektiven Kennwerten (z. B. Teamzusammensetzung hinsichtlich Leistungswandlung und Innovationskraft oder Alters-Diversität eines Teams und Fehlerraten) feststellen. Generell spielt eine offene Kommunikation von Massnahmen eine wichtige Rolle für die Akzeptanz. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen führten wir Trainingsmassnahmen in einem randomisierten Kontrollgruppen-Design durch.

Projektbeschreibung von Projektverantwortlichen übernommen.

Projektdaten

Beginn:

01.05.2012


Abschluss:

30.04.2015


ICF-Bezug des Projekts:

  • Das Projekt hat keinen ausdrücklichen ICF-Bezug.

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt

Projektleitung:

  • Böhm, Stephan, Prof. Dr. |
  • Bourovoi, Kirill

Mitarbeitende:

  • Baumgärtner, Miriam, Dr. |
  • Dwertmann, David, Dr. |
  • Nishii, Lisa, Prof. Dr.

Institutionen:

Center for Disability and Integration (CDI-HSG), Universität St. Gallen
Rosenbergstrasse 51
CH - 9000 St. Gallen
Telefon: +41 (0)71 224 31 90 E-Mail: stephan.boehm@unisg.ch
Homepage: https://cdi.unisg.ch/

Rutgers University, Dr. David Dwertmann

Cornell University, Lisa Nishii

Boehm, S.: Berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderung - Flexible Arbeitsplatzanpassungen und die Rolle von Personalabteilung, Führungskräften und Kollegen. Zeitschrift Führung + Organisation (ZFO), 83(Heft 4), S. 235-241.

Böhm, S.; Baumgärtner, M.; Dwertmann, D. [u.a.]: Berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderung – Best Practices aus dem ersten Arbeitsmarkt. Berlin (2013), Springer Gabler Verlag.

Integration of employees with health impairments in manufacturing environments

In a three years lasting project (May 2012 until April 2015) with a large German industrial company we are evaluating the current integration processes for workers' health impairments in the manufacturing departments. Our study follows a longitudinal quasi-experimental design. We use multiple data sources: group interviews, online surveys, and objective HR data. The main goal of this project is to develop concrete recommendations to improve the current integration processes.

Referenznummer:

R/FO125682


Informationsstand: 28.04.2022