INN3plus

Unsere Fragen wurden im April 2025 von Axel Kobelt (Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover) beantwortet.


Welche Ziele haben Sie sich im Projekt INN3plus gesetzt?

Im Projekt haben wir es uns zum Ziel gesetzt, psychisch erkrankte Versicherte, die mit den derzeit vorgehaltenen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und Angeboten der medizinischen Rehabilitation nicht bedarfsgerecht versorgt werden können und eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt behindern, zu unterstützen. Dabei setzten wir den Fokus auf eine arbeitsfördernde Gestaltung individueller Lebensumstände, um die Zielgruppe für die Reintegration in den Arbeitsmarkt vorzubereiten und zu trainieren.

Im Projekt INN3lus kombinierten wir dazu psychotherapeutische, medizinisch-rehabilitative sowie beruflich-rehabilitative Leistungen. Der innovative Charakter von INN3plus liegt in der gleichzeitigen Erbringung unterschiedlicher Leistungen, die von den Versicherten sonst nur nacheinander und oft in einer nicht sinnvollen Reihenfolge durchlaufen werden.

 

Gibt es Themen und Schwerpunkte, die sich für Sie im Projekt als besonders wichtig herausgestellt haben, wenn es um die Verfolgung dieser Ziele geht? Falls ja: Welche?

Als besonders wichtig stellte sich im Projekt der interdisziplinäre Austausch im Team bzw. zwischen den Projektpartnern heraus. Er ermöglichte es uns, jede Herausforderung aus mehreren Perspektiven zu betrachten und umfassende Lösungen zu entwickeln, die sowohl die psychische als auch die berufliche Integration der Teilnehmenden nachhaltig förderten. So konnten in den wöchentlich stattfindenden Fallkonferenzen die bei den Teilnehmenden identifizierten Herausforderungen und Vermittlungshemmnisse gezielt thematisiert und bearbeitet werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt bestand in der Anwendung des PSI-Modells im Projekt, das nicht nur in der Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten gemeinsame Basis zum Fallverständnis lieferte, sondern insbesondere einen Zusammenhang zwischen den persönlichkeitsstrukturellen, symptombezogenen, biographisch-sozialen und emotionalen Teilhabehindernissen und der Motivation zur Wiedereingliederung ins Erwerbsleben ermöglichte. Auf der Basis des PSI-Modells war es den Beteiligten möglich, Therapie- und Förderschwerpunkte zu definieren, deren Bearbeitung die Voraussetzung für die Motivation, eine Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen, ist.

Diese Erkenntnisse ermöglichten gezielte Interventionen, die in der Hauptmaßnahme weiterbearbeitet werden konnten, um die beruflichen Perspektiven nachhaltig zu verbessern.

Für uns stellte der teilhabe- statt diagnoseorientierte Ansatz einen dritten zentralen Aspekt dar, da er den Fokus auf die aktive und nachhaltige Integration der Teilnehmenden in den Arbeitsmarkt legte.

 

Was sind für Sie zentrale Herausforderungen, mit denen Sie innerhalb der Projektlaufzeit konfrontiert wurden? Mit welchen Lösungsansätzen sind Sie diesen Herausforderungen gegenübergetreten?

Eine wesentliche Herausforderung bestand für uns in der Interdisziplinarität der verschiedenen im Projekt zusammenarbeitenden Partner und deren Organisationsstrukturen. Diese Unterschiede erschwerten die Abstimmung der Aktivitäten sowie die flexible Anpassung an die individuellen Bedarfe der Teilnehmenden. Dies erforderte eine verstärkte Investition in Kommunikation und Koordination, der wir mit regelmäßigen Projektbesprechungen und Fallbesprechungen gegenübergetreten sind.

Eine weitere Herausforderung bestand darin, dass sich der Projektstart verzögerte, da die Einstellung der ersten Psychotherapeutin erst im Januar 2021 statt, wie ursprünglich geplant, 2019 erfolgte. Diese Verzögerung hatte weitreichende Auswirkungen auf den Zeitplan des Projekts, insbesondere auf die Umsetzung seiner Meilensteine. Dieser personellen Herausforderung sind wir entgegengetreten, indem wir mehrere Teilzeit-Stellen für Psychotherapeuthinnen und Psychotherapeuthen anstatt meiner Vollzeitstelle vergaben.

Auch war die Zusammenarbeit mit externen Unternehmen bei Praktikumsplätzen für die Teilnehmenden fordernd. Insbesondere während Phasen erhöhter Nachfrage nach Praktikumsplätzen, bei unerwarteten Ereignissen wie der COVID-19-Pandemie oder bei saisonalen Schwankungen im Arbeitsmarkt war es schwieriger, passende Praktika zu vermitteln. Dies führte zu Verzögerungen in der beruflichen Entwicklung einiger Teilnehmenden.

 

Ausgehend von Ihren im Projekt gewonnenen Erkenntnissen und Erfahrungen: Welche Faktoren halten Sie für besonders wichtig, wenn es darum geht, die berufliche Rehabilitation psychisch und somatisch kranker Erwerbsfähiger innerhalb einer Einzeltherapie zu unterstützen? Welche Handlungsempfehlungen würden Sie ausgehend von den Projektergebnissen in diesem Zusammenhang aussprechen und welche Erkenntnisse haben Sie innerhalb des Projektverlaufs gewonnen?

Unsere Erfahrungen im Projekt haben gezeigt, dass die wichtigsten Faktoren für die Unterstützung der beruflichen Rehabilitation psychisch und somatisch kranker Erwerbsfähiger

(1) eine Einzeltherapie ,

(2) die enge Verzahnung von Psychotherapie,

berufspraktischer Begleitung und individueller Interventionen sowie

(3) eine flexible, bedarfsgerechte Anpassung der Maßnahme

sind, um die Teilnehmenden gezielt auf die Integration in den Arbeitsmarkt vorzubereiten.

Mit Blick auf die Zusammenarbeit der im Projekt Beteiligten stellte sich der, bereits in 3) angesprochene, regelmäßige Austausch im interdisziplinären Team heraus, um schnell auf Veränderungen und individuelle Bedürfnisse reagieren zu können.

Die  Projektergebnisse zeigen, dass eine frühzeitige und kontinuierliche Diagnose der individuellen Bedarfe sowie eine enge Zusammenarbeit im interdisziplinären Team entscheidend für den Erfolg der Arbeitsmarktintegration ist. Die kontinuierliche Reflexion der Fortschritte in der Einzeltherapie und der Austausch zwischen den Professionen sind weitere wichtige Erfolgsfaktoren.

Eine bedeutende Erkenntnis aus dem Projekt ist, dass die Berücksichtigung sowohl psychischer als auch somatischer Aspekte in der Rehabilitation unerlässlich ist, um eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Eine isolierte Betrachtung einzelner Faktoren, ohne die Wechselwirkungen zwischen psychischen und physischen Aspekten sowie belastenden Kontextfaktoren zu berücksichtigen, kann den Erfolg der Maßnahme erheblich beeinträchtigen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass eine rein diagnoseorientierte Maßnahme nicht so gewinnbringend ist wie der teilhabeorientierte Ansatz. Dieser Ansatz, der die aktive Einbeziehung der Teilnehmenden in den Arbeitsmarkt und ihre individuelle Lebenssituation in den Mittelpunkt stellt, führt zu deutlich besseren Ergebnissen in der beruflichen Integration.

 

Wenn Sie auf die Zielsetzung des Projekts sowie dessen Verlauf zurückblicken: Wo sehen Sie nach Abschluss von Reha-Integrativ weiteren Forschungsbedarf und welche Fragestellungen würden Sie in diesem Kontext benennen?

Langfristige Wirkungen der Maßnahmen sollten untersucht werden, um zu verstehen, welche Faktoren zur nachhaltigen Wiedereingliederung beitragen. Zudem wäre eine optimierte Zusammenarbeit zwischen medizinischer, psychotherapeutischer und beruflicher Rehabilitation ein wichtiges Thema für zukünftige Studien.

Ziele des Projekts

Im Projekt INN3plus sollte Menschen mit psychischen Problemen geholfen werden, die mit den üblichen Angeboten (Reha, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) nicht gut zurechtkommen. Ziel war, diese Menschen besser auf das Berufsleben vorzubereiten. Dafür wurden medizinische, psychotherapeutische und berufliche Hilfen gleichzeitig angeboten – statt wie sonst nacheinander.

Besonders wichtige Themen

Besonders wichtig war die enge Zusammenarbeit im Team aus verschiedenen Fachrichtungen (Psychotherapie, Medizin, Beruf). Durch regelmäßige Treffen konnten Probleme früh erkannt und gemeinsam gelöst werden.

Das Projekt nutzte das PSI-Modell, das half, die Probleme der Teilnehmenden besser zu verstehen und gezielt zu behandeln – zum Beispiel bei Motivation, Lebensgeschichte oder Emotionen.

Statt nur auf Diagnosen zu schauen, war das Ziel, die Teilhabe am Arbeitsleben zu fördern – leitend war also die Frag: Wie kann jemand trotz seiner Erkrankung wieder arbeiten?

Herausforderungen im Projekt

Die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Organisationen war schwierig – sie arbeiteten unterschiedlich und mussten sich erst abstimmen.

Der späte Projektstart wegen Personalmangel verzögerte vieles.

Die Suche nach Praktikumsplätzen war besonders in schwierigen Zeiten (Corona-Pandemie, hohe Nachfrage) herausfordernd.

Lösungsansätze gegenüber diesen Herausforderungen

Es gab regelmäßige Teamtreffen, um besser zu planen und sich abzustimmen.

Statt nur einer Vollzeitkraft wurden mehrere Teilzeit-Psychotherapeutinnen und -therapeuten eingestellt.

Trotz der Schwierigkeiten, für die am Projekt teilnehmenden passende Praktikumsplätze zu finden, blieb das Team flexibel und suchte immer wieder neue Möglichkeiten.

Besonders wichtige Erkenntnisse

Eine Einzeltherapie hilft, weil sie individuell auf die Person eingeht.

Wichtig ist auch die Verbindung von Therapie, Praxis und persönlicher Unterstützung – alles sollte gut aufeinander abgestimmt sein.

Sowohl psychische als auch körperliche Probleme müssen beachtet werden – getrennte Ansätze reichen nicht aus.

Ein teilhabeorientierter Ansatz (Fokus auf Lebenswirklichkeit und berufliche Teilhabe) ist besser als ein rein medizinisch-diagnostischer.

Handlungsempfehlungen aus dem Projekt

Reha-Angebote sollten flexibel und individuell gestaltet sein.

Die enge Zusammenarbeit im Team ist entscheidend für den Erfolg.

Teilnehmende sollten frühzeitig und ganzheitlich begleitet werden – mit Blick auf ihre gesamten Lebensumstände.

Psychische und körperliche Aspekte müssen zusammen gedacht werden, nicht getrennt.

Weiterer Forschungsbedarf

Es sollte untersucht werden, wie langfristig die Unterstützung wirkt – also wie dauerhaft gelingt die Rückkehr in Arbeit gelingt.

Die Zusammenarbeit zwischen medizinischer, psychotherapeutischer und beruflicher Reha sollte weiter erforscht und verbessert werden.

Womit wurde sich im Projekt INN3plus beschäftigt?