Projektart: Gefördertes Projekt Studie Modellprojekt
Beschreibung / Inhalte
Ausgangssituation:
Gravierende Erkrankungen im erwerbsfähigen Alter haben umfangreiche Auswirkungen nicht nur auf den Betroffenen selbst (Verlust des Arbeitsplatzes, Armutsrisiko), sondern auch für die Gemeinschaft der Versicherten (entgangene Beiträge zur Sozialversicherung). Die Folge sind auf die Gesellschaft entfallende Kosten für die Gesundheitsversorgung, krankheitsbedingte Fehlzeiten sowie vorzeitige Erwerbsminderung. Bis dato liegt der Anteil der Rentenzugänge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in Deutschland bei über 20% aller Versichertenrentenzugänge. Rund 40% der Neuzugänge haben wiederum im Jahr vor dem Leistungsfall Arbeitslosengeld oder Grundsicherung (ALG II) bezogen.
Modellvorhaben:
Innovation:
In der täglichen Praxis stellt sich die Problematik, dass der Patient für den Sozialleistungsträger erst auffällig wird, wenn er einen Erwerbsminderungsrentenantrag stellt. In dieser Phase kommen jedoch viele Hilfestellungen zu spät, da das Krankheitsbild bereits chronifiziert ist bzw. die Patienten das Vertrauen in die eigene Erwerbsfähigkeit verloren haben. Die Entscheidung für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente ist, aus Sicht des Patienten, meist gefallen.
Eine weitere Problematik der aktuellen Versorgung besteht darin, dass der Patient die notwendigen Hilfestellungen zur Antragstellung nicht erhält und die Rückmeldung im Antragsverfahren zur Rehabilitationsleistung z.T. sehr langwierig ist. Dies schreckt viele Patienten, aber auch Hausärzte ab, dieses Verfahren konstruktiv und frühzeitig einzuleiten. Durch das hier vorgestellte Modellverfahren SERVE besteht die Möglichkeit, dem Patienten, bereits lange bevor er einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellt, Professionen übergreifende Hilfestellungen aufzuzeigen und anzubieten. Diese erreichen den Patienten in einer sensiblen Übergangsphase, noch bevor eine Chronifizierung eintritt und in der, aufgrund seines persönlichen Kontextes, mit einer besseren Akzeptanz und Adhärenz für die angebotenen Leistungen zu rechnen ist. In dieser frühen Phase können nachhaltige Maßnahmen von der Primärprävention bis hin zur Rehabilitation angestoßen werden, die der Erwerbsminderung entgegenwirken.
Das Identifizieren der entsprechenden Patienten erfolgt in diesem Projekt frühzeitiger als bisher unter anderem über die Hausärzte, die aufgrund ihrer erlebten Anamnese, ihres Vertrauensverhältnis zum Patienten und als Koordinatoren der Gesundheitsversorgung für die Früherkennung einer Erwerbsminderungsgefährdung besonders geeignet sind. Sie sind im geplanten Modellvorhaben dementsprechend als Lotsen durch das Versorgungssystem tätig. Besonders innovativ ist hierbei, dass Sie den Kontakt zum Sozialmedizinischen Kolloquium (virtuelle Fallkonferenz), als eine der besonderen Innovationen von SERVE, herstellen. Zusätzlich kann eine Detektierung der Patienten über Jobcenter und/oder die Agentur für Arbeit erfolgen.
Als weiteren innovativen Aspekt in SERVE, werden besonders behandlungsbedürftigen Patienten (z.B. schwer depressiven Patienten, die häufig nicht in der Lage sind Hilfestellungen aktiv anzunehmen) über den gesamten Versorgungsprozess hinweg eine „SERVicEperson“ zur Seite gestellt. Die „SERVicEperson“ hat eine vermittelnde Funktion und verknüpft den Patientenbedarf mit geeigneten Versorgungsangeboten (Broker-Funktion und Schaffung von Gesundheitsbewusstsein beim Patienten). Für den Bereich der Jobcenter erscheint eine Unterstützung der Patienten, aufgrund der Charakteristika bzw. besonderen Problemstellungen, durch einen SERVE Mitarbeiter generell sinnvoll.
Das Sozialmedizinische Kolloquium hat zusammengefasst folgende Bedeutung für das Gesundheitssystem und den Patienten selbst:
- Frühere und damit effektivere Hilfe für Betroffene
- Steigerung der intersektoralen und interdisziplinären Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger und Leistungserbringer
- Und somit unkomplizierter und interdisziplinärer Informationsaustausch zwischen mehreren Leistungserbringern und Sozialversicherungsträgern, was eine verbesserte Versorgung der Patienten ermöglichen sollte
- Qualitativ hochwertiges Zweitmeinungsverfahren, was die Qualität der Versorgung verbessern sollte
- Freisetzung organisatorischer und ökonomischer Synergieeffekte zwischen den Leistungserbringern und den Sektoren
- Spielraum bei der Verordnung von wissenschaftlich geprüften, aber noch nicht in den Gesamtkatalog aufgenommenen Rehabilitationsleistungen
- Bei Bedarf individuelle Betreuung durch SERVicEPerson möglich; damit Unterstützung und Begleitung im gesamten Prozess vor, während und nach der Rehamaßnahme
Prävention vor Reha vor Rente:
Zielgruppe:
Die Zielgruppendefinition basiert auf eigenen Analysen und Erfahrungswerten der DRV Hessen im Hinblick auf Indikation und Altersstruktur von Patienten, die in Hessen einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt haben. In diesen Analysen sehen wir einen Anstieg der EM-Rentenanträge von 40% in der Altersgruppe der Patienten < 50 Jahre im Vergleich zu den Patienten < 40 Jahre.
Projektpartner:
Aus den Zahlen zur Inanspruchnahme von Rehabilitationsleistungen vor einer Erwerbsminderungsrente ist abzuleiten, dass in diesem Zusammenhang eine Zugangsproblematik zu Maßnahmen der Rehabilitation und Prävention besteht. SERVE erprobt neue Zugangswege, indem neben den Hausärzten, der ärztliche Dienst der Jobcenter und Arbeitsagenturen frühzeitig das entsprechende Versichertenkollektiv auf das Vorliegen eines Erwerbsminderungsrisikos screenen und im Bedarfsfall (auffälliges Screening Ergebnis) an das sozialmedizinische Kolloquium weiterleiten. Dieses berät wiederum interdisziplinär über die bestmöglichste und effektivste Hilfestellung für die Versicherten im Sinne einer patientenorientierten Versorgung.
Rechtskreisübergreifender Ansatz:
Langfristige Zielsetzung / Hypothese:
Diese Langfrist-Hypothese kann im Zeitrahmen des Modellvorhabens nicht abschließend beantwortet werden und ist einer weiteren Analyse nach einer Laufzeit von 5 und 10 Jahren, vorausgesetzt die Studienteilnehmer geben ihr Einverständnis für eine Verabfolgung, im oben genannten Zeitraum, zu überprüfen. Diese Analysen werden eigenständig durch die DRV Hessen durchgeführt und finanziert.
Wissenschaftliche Begleitung:
Die ausführliche Projektbeschreibung SERVE können Sie hier aufrufen (PDF | 22 Seiten | 297 KB):
https://www.rehadat-forschung.de/export/sites/forschung-2021/lokale-downloads/BMAS/FO125952_SERVE_Projektbeschreibung.pdf
Projektbeschreibung von Projektverantwortlichen übernommen.
Beginn:
01.04.2020
Abschluss:
31.03.2025
Fördernummer:
661R0053K1
Kostenträger:
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS); Bundesprogramm „Innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben - rehapro“ (erster Förderaufruf)
ICF-Bezug des Projekts:
- Der bio-psycho-soziale Ansatz der ICF bildet einen konzeptionellen Bezugsrahmen für das Projekt.
- Die ICF ist kein ausdrücklicher Forschungsgegenstand, wird aber im Vorhaben genutzt, z.B. durch den Einsatz ICF-basierter Instrumente / Skalen zur Beschreibung von Untersuchungsvariablen, Verlaufsdokumentation, Ergebnismessung etc.
Projektleitung:
- Seifart, Ulf, Priv. Doz. Dr. med.
Institutionen:
DRV Hessen
Städelstraße 28
60596 Frankfurt
Telefon:
06421-295500
E-Mail:
ulf.seifart@drv-hessen.de
Homepage:
https://www.deutsche-rentenversicherung.de/Hessen/...
Philipps-Universität Marburg
Homepage:
https://www.uni-marburg.de
Technische Hochschule Mittelhessen Gießen
Homepage:
https://www.thm.de
Goethe-Universität Frankfurt
Homepage:
https://uni-frankfurt.de
Jobcenter Frankfurt/Main
Homepage:
https://jc-frankfurt.de
Jobcenter Marburg
Homepage:
https://www.kreisjobcenter.marburg-biedenkopf.de
Agentur für Arbeit Marburg
Homepage:
https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/marburg/star...
Schlagworte:
- Agentur für Arbeit |
- Bedarfsermittlung |
- Beratung |
- Besondere Berufliche Problemlage |
- Erster Förderaufruf |
- Erwerbsminderung |
- Fallkonferenz |
- Früherkennung |
- Gesundheitliche Einschränkung |
- Hausarzt |
- Interdisziplinarität |
- Jobcenter |
- Leistungserbringung |
- Lotse |
- Patientenorientierung |
- Prävention |
- Prävention vor Rehabilitation |
- Praxis |
- Qualität |
- Rechtskreisübergreifendes Angebot |
- Rehabilitation vor Rente |
- rehapro |
- Rentenversicherung |
- Risikofaktor |
- Schnittstelle |
- Screening |
- Sozialmedizin |
- Telematik |
- Trägerübergreifend |
- Versicherte |
- Versorgungssystem
Referenznummer:
R/FO125952
Informationsstand: 16.06.2020