Projektart: Gefördertes Projekt
Diagnostik von Arbeitsmotivation in der beruflichen Rehabilitation: Konstruktion und Überprüfung neuer Skalen (DIAMO)

Beschreibung / Inhalte

Hintergrund:

Es besteht in den Rehabilitationswissenschaften Einigkeit darüber, dass motivationale Faktoren wesentliche Einflussfaktoren für den Verlauf und den Erfolg von Rehabilitationsmaßnahmen sind. Bislang gibt es auch international keine Instrumente zur Diagnostik von Arbeitsmotivation, die für die Bereiche der Rehabilitation oder medizinischen Versorgung entwickelt oder adaptiert wurden. Um bei Rehabilitanden arbeitsbezogene Motivationsstrukturen mit ihren Stärken und Defiziten abbilden zu können, wurde eine multidimensionale Betrachtung des Konstruktes Arbeitsmotivation vorgenommen und auf Basis einer Interviewstudie (N = 26) konzeptualisiert. Drei neue Konzepte entstanden, denen 12 Inhaltsbereiche mit insgesamt 202 Items zugeordnet wurden. Motivationales Selbstbild (MS) mit sechs Bereichen; Motivationale Handlungsentwürfe (MH) und Motivationale Passung (MP) mit je drei Bereichen. Ziel war die psychometrische Entwicklung und Evaluation eines validen und reliablen Assessmentinstrumentes zur Diagnostik von Arbeitsmotivation operationalisiert über diese drei Konzepte.

Methodik:

Eine Vorversion des Fragebogens (202 Items) kam bei zwei Stichproben zum Einsatz, eine aus der medizinischen (MedReha: N = 225) und eine aus der beruflichen Rehabilitation (N = 300). Auf Basis exploratorischer und konfirmatorischer Faktorenanalysen mit den Daten aus der MedReha erfolgte eine Revision des Fragebogens mit deutlicher Reduzierung des Itempools (98 Items). Bei den Konzepten MS und MH konnten stabile Faktorlösungen in den Daten gefunden werden, mit denen sich die Mehrzahl der konzeptualisierten Konstrukte identifizieren ließen (MS: 5 Faktoren; MH 2 Faktoren). Die 7 Faktoren wurden mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellierungen konfirmatorischen Faktorenanalysen unterzogen und mit den Daten aus der beruflichen Rehabilitation kreuzvalidiert. Eine revidierte Fassung des Fragebogens kam bei einer Längsschnittuntersuchung zum Einsatz (N : t0 =422; t1 =190; t2 = 85). Nach weiteren Item- und Skalenanalysen verblieben 57 Items in der Schlussfassung des Fragebogens.

Ergebnisse:

Da sich bei dem Konzept MP keine konsistenten, inhaltlich interpretierbaren Faktorlösungen finden ließen, wurden drei Bereiche inhaltlich-rational abgeleitet. Alle Faktoren von MS (5) und MH (2) konnten in konfirmatorischen Faktorenanalysen bestätigt und durch Analysen der Längsschnittuntersuchung optimiert werden. Das neu entwickelte Diagnostikinstrument für Arbeitsmotivation (DIAMO) weist gute psychometrische Eigenschaften auf und beim Großteil der Skalen lässt sich eine stichprobenunabhängige stabile Struktur finden. In der Schlussfassung sind den drei Konzepten 57 Items zugeordnet (MS: 29; MH: 12; MP: 16).

Schlussfolgerungen:

Aufgrund der Kreuzvalidierung mit Stichproben aus verschiedenen Bereichen besitzt das DIAMO das Potential zur Generalisierbarkeit, um auch in anderen Bereichen als der medizinischen Rehabilitation zum Einsatz zu kommen. Das DIAMO ist ein reliables und valides Verfahren zur multidimensionalen Erfassung von Arbeitsmotivation. Durch die differenzielle Diagnostik von Arbeitsmotivation können einerseits Rehabilitanden hinsichtlich der Ausprägung ihrer Arbeitsmotivation differenziert werden und andererseits kann eine günstige Verbindung für gezielte berufsbezogene Interventionen hergestellt werden.

Umsetzbarkeit der Ergebnisse:

Im Rahmen des Projekts konnte eine Datengrundlage bezüglich des für die Rehabilitation wichtigen Konstruktes Arbeitsmotivation geschaffen und ausgewertet werden. Mit dem DIAMO ist eine multidimensionale Motivationsdiagnostik unter arbeitsbezogenen Gesichtspunkten möglich. Der Erfassung motivationaler Faktoren (zu Beginn oder im Vorfeld einer Reha-Maßnahme) kommt aus verschiedenen Gründen eine entscheidende Bedeutung zu. Somit wäre eine Verbesserung der differenziellen Zuweisung zu bestimmten Behandlungsformen möglich. Patienten mit mangelnder Motivation könnten entsprechende psychosoziale Interventionsmaßnahmen angeboten werden, wodurch ein verbesserter Reha-Erfolg zu erwarten wäre.
In den bisherigen Ergebnissen mit dem DIAMO gibt es Hinweise darauf, dass Patienten mit ungünstiger arbeitsbezogener Motivationsstruktur identifiziert werden können. Das DIAMO erlaubt die Abbildung einer individuellen berufsbezogenen Motivationsstruktur. Es bietet die Möglichkeit, Personen mit einer resignativen Haltung hinsichtlich beruflicher Zielperspektiven zu identifizieren und gibt Hinweise auf Vermeidungs- und Rückzugsverhalten.
Einer frühzeitigen Identifizierung defizitärer Zielbindung oder ungünstiger motivthematischer Arbeitsfelder kommt insofern Bedeutung zu, als dass der Erkennung dieser Defizite regulierende Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit vorangehen.
Perspektivisch gesehen ist es ein diagnostisches Anliegen, Rehabilitanden nach ihrer Motivationsstruktur zu gruppieren und ihnen passende psychosoziale Interventionen bzw. Motivationstrainings im Hinblick auf eine ergebnisorientierte und effiziente Rehabilitation anzubieten.
Aus den Ergebnissen des DIAMO-Projektes lassen sich gezielte Ansatzpunkte für potentielle Interventionsmaßnahmen zur Verbesserung einer berufsbezogenen Motivation und dem damit verbundenen Ziel-Kriterium einer beruflichen (Re-)Integration ableiten. Basierend auf den Ergebnissen aus dem Diagnostikprojekt wird ein entsprechendes Training entwickelt und evaluiert. (Motivationstraining für Rehabilitanden: Klärung berufsbezogener Ziele und Beratung zur Umsetzung – Entwicklung und Evaluation einer Interventionsmaßnahme; Laufzeit - 12/2008).
Die durch ein solches Training initiierten Verhaltensweisen können durch spezifische Absichtsimplementierungen und realistische Zielkonstruktionen größere Chancen zur Umsetzung erhalten. Die sich aus dem DIAMO-Projekt ableitende Interventionsmaßnahme dürfte somit hinsichtlich Konstruktion beruflicher Perspektiven und realistischer Zielstrukturen bei Rehabilitanden als Erfolg versprechend angesehen werden. Es sind Verbesserungen beim Setzen und Erreichen von beruflichen Zielen und damit einhergehend eine gesteigerte Motivation zu erwarten.

Projektbeschreibung von Projektverantwortlichen übernommen.

Beginn:

01.01.2003


Abschluss:

31.12.2005


Kostenträger:

  • Verein zur Förderung der Rehabilitationsforschung e. V. Norderney (VfR)

Projektleitung:

  • Heuft, Gereon, Univ.-Prof. Dr. med. Dr. theol. |
  • Greitemann, Bernhard, Prof. Dr. med. Dipl.-Oec.

Mitarbeitende:

  • Fiedler, Rolf G., Dr. rer. medic., Dipl.-Psych. |
  • Schubmann, Claudia

Institutionen:

Universitätsklinikum Münster
Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie
Univ.-Prof. Dr. med. G. Heuft, Dr. rer. medic. Dipl.-Psych. Rolf Fiedler
Domagkstraße 22
48149 Münster
Telefon: 0251 83 - 52902 E-Mail: fiedler@uni-muenster.de
Homepage: https://www.ukm.de/index.php?id=diamo

Universität Münster
Psychologisches Institut IV
Claudia Schubmann
Fliednerstr. 21
48149 Münster

Klinik Münsterland
Prof. Dr. med. Greitemann
Auf der Stöwwe 11
49214 Bad Rothenfelde
Telefon: 05424 220-0 E-Mail: info@klinik-muensterland.de

Fiedler, RG.; Ranft, A.; Greitemann, B.; Heuft, G. (2005b): Arbeitsmotivation - Diagnostikinstrumente und ihre Relevanz in der Patientenversorgung. Zum Stand arbeitsbezogener Motivationsdiagnostik. Psychother Psych Med, 55: 469-475

Fiedler, RG.; Ranft, A.; Schubmann, C.; Heuft, G.; Greitemann, B. (2005c): Diagnostik von Arbeitsmotivation in der Rehabilitation – Vorstellung und Befunde zur faktoriellen Struktur neuer Konzepte. Psychother Psych Med, 55: 476-482

Fiedler, RG (2006): Diagnostik von Arbeitsmotivation bei Rehabilitationspatienten - Konzeptualisierung, Operationalisierung, Strukturanalyse und Kreuzvalidierung neuer Skalen. Inaugural-Dissertation, Medizinische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster

Christoffer, A.; Fiedler, R.; Heuft, G.; Reimer, A.; von Einsiedel, R.; Hinrichs, J.: Diagnostik von Arbeitsmotivation: Eine indikationsspezifische Validierung des DIAMO-Fragebogens im Bereich der Rehabilitation von Abhängigkeitserkrankten. Poster auf dem Fünfundzwanzigsten Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium vom 29. Februar bis 2. März 2016 Aachen. In: Gesundheitssystem im Wandel - Perspektiven der Rehabilitation. Deutsche Rentenversicherung Bund - DRV (Hrsg.). Berlin: Eigenverlag 2016, Seite 60f.

Abschlussbericht:
Download unter https://www.ukm.de/fileadmin/ukminternet/daten/kliniken/psychosomatik/forschung/reha/abschlussbericht_diamo_mai2006.pdf

Referenznummer:

R/FO3179


Informationsstand: 19.01.2023