Forschungsprojekt
Beschreibung / Inhalte
1. Innovation, Zielsetzung und Verstetigung:
1.1. Bedeutung der Innovation:
Der Landkreis Mittelsachsen hat in einer Erhebung in dieser Region Döbeln, durchgeführt durch die Hochschule Mittweida – Fakultät Soziale Arbeit, festgestellt, dass großer Handlungsbedarf in der Stärkung der Beschäftigungsfähigkeit langzeitarbeitsloser Menschen und Alleinerziehender besteht. Weitere Handlungsbedarfe sind die Stärkung und Weiterentwicklung der regionalen Netzwerkstrukturen und die Förderung und Verbesserung der Gesundheit. Das Handlungskonzept dieser sog. „Sozialregion 6“ greift dies auf.
Mit unserem Projektansatz „Kopfstand“ gehen wir einen Schritt weiter. Denn für Menschen mit nicht nur vorübergehenden gesundheitlichen Einschränkungen, unter ihnen auch eine Vielzahl mit einem angezeigten medizinischen Rehabilitationsbedarf und fehlenden Behandlungsbefunden, existiert in der Sozialregion 6 / Döbeln bisher kein spezielles Angebot.
Im Regelgeschäft des Jobcenters Mittelsachsen erfolgt eine Kundenbetreuung durch Integrationsfachkräfte ohne zusätzlichen Zeitaufwand für den komplexen gesundheitsrelevanten Unterstützungsbedarf. Dadurch kann kein vertrauensvolles Arbeitsbündnis aufgebaut werden. Aktivierungs- und Integrationserfolge sind sehr schwierig zu erzielen und oftmals nicht nachhaltig.
Im Oktober 2019 wurde die Kooperationsvereinbarung „Gesundheitsförderung für arbeitslose Menschen – Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung im Erwerbsleben“ zwischen unserem Jobcenter und den Krankenkassen im Rahmen des GKV-Bündnisses für Gesundheit abgeschlossen. Alle Erwerbslosen mit und ohne gesundheitlichen Einschränkungen können flächendeckend im Landkreis Mittelsachsen gesundheitsfördernde Angebote bzw. Maßnahmen der Primärprävention nutzen um dadurch Gesundheit und Beschäftigungsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Jedoch reicht dieses Basisangebot nicht aus, um dem oben genannten Personenkreis vollumfänglich und adäquat zu unterstützen.
Mit „Kopfstand“ wollen wir ein on top-Angebot zu den bestehenden Möglichkeiten etablieren, denn über den Erfolg der Integrationsarbeit entscheidet in hohem Maße die physische und psychische Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit der Menschen.
Es wurde speziell auf gesundheitlich und psychisch Kranke Leistungsberechtigte zugeschnitten. Die individuelle Gesundheitsprävention und nachhaltige Gesundheitsförderung werden weiter in den Mittelpunkt gerückt. Die Zusammenarbeit mit den Netzwerkpartnern der „Sozialregion 6“ / Region Döbeln wird intensiviert und ausgebaut.
„Kopfstand“ steht für Perspektivwechsel und Betrachtung von Problemen aus einem anderen Blickwinkel - aber auch für Mobilität, Beweglichkeit und Gesundheit.
Bei den Betroffenen soll ein Bewusstsein initiiert und daraus eine Veränderungsbereitschaft entwickelt werden. Durch speziell geschultes Personal soll die Gesundheit zum Kern der Fallbetrachtung werden. Damit kann sich ein Gefühl des ernstgenommenen Werdens entwickeln, dadurch ein festes Arbeitsbündnis entstehen. Gleichzeitig gilt es, den negativen Einfluss von Langzeitarbeitslosigkeit im gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Sinne zu unterbrechen und neue Lebensperspektiven zu schaffen. Beschäftigung statt Erwerbsminderungsrente ist unser Ziel.
Durch die individuelle Herangehensweise lenken wir den Blick auf bisher nicht genutzte Ressourcen. Durch die Erprobung und die Kombination neuartiger Fördermöglichkeiten können auch spezielle Bedürfnisse abgedeckt werden. Es werden Bedingungen für die Teilnehmer*innen geschaffen, die es ihnen ermöglichen, ein eigenverantwortliches und selbst bestimmtes Leben zu führen. Innerhalb des Projektes sollen Selbsthilfegruppen in kleinster Form oder Interessengemeinschaften entstehen und begleitet werden.
Darüber hinaus zielt unser Projekt auf die aktive Integration in eine gesundheitlich angemessene sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab. Der Übergang in Beschäftigung wird engmaschig durch das Projektpersonal unterstützt und die integrierten Personen mindestens in den ersten sechs Monaten nach Aufnahme der Beschäftigung begleitet, um das Beschäftigungsverhältnis nachhaltig zu stabilisieren.
1.2. Beschreibung der Innovation:
Die Gesundheitsmentoren vermitteln in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit Kompetenzen, fachliches Wissen und Erfahrungen. Sie geben Orientierung, stärken beim Umgang mit Konflikten, vermitteln in geeignete Hilfsangebote und koordinieren bei Schnittstellen zwischen den Hilfesystemen. Zur Gewährleistung einer neutralen und unbelasteten Atmosphäre sollen persönliche Gespräche und Gruppenberatungen außerhalb des Jobcenters stattfinden. Diese Organisation des Projektes führt zu Arbeitsbündnissen auf Augenhöhe.
Die bestehende Kooperationsvereinbarung „Gesundheitsförderung für arbeitslose Menschen – Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung im Erwerbsleben“ unseres Jobcenters mit den Krankenkassen im Rahmen des GKV-Bündnisses für Gesundheit bildet die Grundlage für Prävention und Gesundheitsförderung. Flächendeckend im Landkreis Mittelsachsen werden Aktivitäten und Maßnahmen angeboten. Acht Mitarbeitende des Jobcenters begleiten die Kooperation innerhalb ihres Regelgeschäftes.
Mit dem Projekt „Kopfstand“ erhalten sog. Gesundheitsmentoren die Möglichkeit mit Projektteilnehmenden vollumfänglich, intensiv und zielgerichtet agieren zu können. Wir bieten ein on top-Angebot für diejenigen Kunden, für die unser Basis-Angebot aus den unterschiedlichsten Gründen nicht ausreichend ist um eine nachhaltige Integration in eine angemessene Beschäftigung zu erlangen.
Die Gesundheitsmentoren geben ihr fachliches Wissen weiter, nutzen ihre Partner im Netzwerk und vermitteln Kontakte. Niederschwellige Präventionsangebote speziell für Langzeitarbeitslose können gemeinsam entwickelt, erprobt und begleitet werden. Durch die Teilnahme am Bundesprogramm rehapro kann das Jobcenter eine Vielfalt an Gesundheitsprojekten anbieten, die im Regelgeschäft oder in der bestehenden Kooperation mit den Krankenkassen bisher keinen Platz hatten (z. B. Kurse zur ganzheitlichen Fitness und Selbstfürsorge).
Eine Zusammenarbeit mit der Deutschen Rentenversicherung ist in Form von Informationsveranstaltungen zum Thema „Prävention und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ angedacht. Unterstützend werden zusätzliche Kooperationen zu Beratungsstellen, Sozialträgern des Landkreises, Gesundheitsamt, Kreissportbund und Kommunen angestrebt oder ausgeweitet. Neue Kooperationen und eine bessere Vernetzung – auch digital – zur erfolgreichen Integration von langzeitarbeitslosen Menschen mit komplexen gesundheitlichen Unterstützungsbedarf sollen mit Hilfe des Bundesprogramms rehapro in der Sozialregion 6 des Landkreises Mittelsachsen schrittweise aufgebaut werden.
Erste Erfahrungen und positive Erkenntnisse zu gesundheitsfördernden Angeboten konnten innerhalb der Bundesprogramme „Perspektive 50plus“ und „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ erzielt werden. Innerhalb des Programms 50plus waren es insbesondere gesundheitsfördernde Gruppenaktivitäten, die sich positiv auf die Motivation und Bereitschaft zur Zusammenarbeit ausgewirkt haben. Das Programm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ konzentrierte sich auf arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose mit gesundheitlichen Einschränkungen. Ein wichtiges Merkmal des Programms waren die begleitenden Aktivitäten, die dazu beitragen sollten die soziale Teilhabe zu verbessern. Uns ist dies insbesondere durch regelmäßige Treffen in kleinen Gruppen mit teilnehmerbezogen zusammengestellten Angeboten u. a. auch zur Gesundheitsförderung gelungen. Einige dieser positiven Erfahrungen (z. B. Aktivtage) wollen wir in unserem Projekt „Kopfstand“ aufgreifen.
Innerhalb des Modellprojektes „Kopfstand“ möchten wir des Weiteren eine neue Arbeitgeberansprache erproben, bei der mit Zustimmung der Betroffenen offen gesundheitliche Probleme angesprochen werden. Damit können die gesundheitlichen Problematiken der Bewerber*innen bereits bei der Stellenakquise thematisiert und die Arbeitgeber*innen mit in die Förderplanung einbezogen werden. Die Gesundheitsmentoren agieren hier insbesondere als Fürsprecher*in. Personenbedingten Kündigungen aus gesundheitlichen Gründen kann somit entgegengewirkt werden. Die Unternehmerseite mit ins Visier zu nehmen, ist aus unserer Sicht lohnenswert. Denn es nützt die beste Gesundheitsförderung nichts, wenn Unternehmen nicht bereit sind, auch Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen einzustellen. Wenn es uns gelingt, die soziale Einstellung der Arbeitgeber*innen zu stärken und Betriebe dies auch leben bzw. nach außen kommunizieren, wäre viel erreicht.
Die Teilnehmenden werden auf dem Weg in die Arbeit durch ihre Mentorin bzw. ihren Mentor begleitet, z. B. durch eine intensive, sehr individuelle Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche – im herkömmlichen Sinne sowie digital per Skype und anderen Kommunikationsmedien. Kommt es zur Einstellung ist in den ersten sechs Monaten eine besonders engmaschige und ganzheitliche weitere Betreuung durch die Gesundheitsmentoren angedacht, denn aufgrund der gesundheitlichen Probleme werden Beschäftigungsverhältnisse häufig innerhalb von kurzer Zeit wieder beendet. Auch die Arbeitgeber*innen werden, je nach Bedarf, innerhalb dieses Zeitraumes begleitet. Regelmäßige Kontakte und ein bestehendes Vertrauensverhältnis zwischen Mentor*in und der betreuten Person sind die Voraussetzung dafür, dass die Kommunikation zwischen beiden Seiten so offen ist, dass Unterstützungsbedarfe rechtzeitig erkannt und umgesetzt werden können und somit das Beschäftigungsverhältnis nachhaltig stabilisiert werden kann.
Durch einen Zuschuss, eine sog. „Durchhalteprämie“, soll auch ein finanzieller Anreiz zum nachhaltigen Einstieg in den Arbeitsmarkt erprobt werden. Nach der erfolgreich absolvierten Probezeit und der weiteren Fortführung der Beschäftigung erhalten Projektteilnehmende einmalig 500 Euro. Innerhalb des Projektes soll untersucht werden, welchen Einfluss der Einsatz von Gesundheitsmentoren und der Anreiz einer Prämie auf die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt ausübt und welche Einschränkungen für eine nachhaltige Integration im Wege stehen.
Die enge Verzahnung von gesundheitsfördernden, präventiven, berufspraktischen sowie psychologischen und sozialpädagogischen Angeboten und Modulen gepaart mit einem professionellen Bewerbungsmanagement, beschreibt einen zukunftsweisenden, äußerst innovativen Ansatz des Projektes.
1.3. Ziele der Innovation:
Um diese zu erreichen, müssen wir mit optimalen, individuellen Lösungen einer drohenden oder vorliegenden Erwerbsminderung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, Abhängigkeitserkrankungen und komplexen gesundheitlichen Unterstützungsbedarfen entgegenwirken. Durch die Stärkung „Prävention vor Rehabilitation“ und Förderung der Selbstfürsorge lernen die Projektteilnehmer ihre gesundheitlichen Probleme zu erkennen und zu akzeptieren. Sie erhalten Unterstützung ihre körperliche und seelische Leistungsfähigkeit zu stärken, chronischen Krankheiten vorzubeugen und damit ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten.
Wird durch die engmaschige und individuelle Betreuung deutlich, dass die Notwendigkeit einer medizinischen oder beruflichen Rehabilitation zu prüfen ist oder bereits besteht, werden die Reha-IFK des Jobcenters sowie der Reha-Berater der Arbeitsagentur einbezogen. U.a. kann eine gemeinsame Beratung stattfinden. Potenzielle Rehabilitanden können demzufolge durch das Projekt schneller identifiziert werden und die Qualität des Prozesses „Identifikation von Rehabilitationsfällen“ wird verbessert. Menschen mit – vor allem chronischen – Erkrankungen erhalten durch eine Rehabilitation neue Berufschancen um einen Neustart erfolgreich meistern und wieder in den Berufsalltag einzusteigen. Die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit soll beseitigt bzw. das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verhindert bzw. hinausgeschoben werden. Mit Beginn des Reha-Verfahrens endet die Projekt-Teilnahme. Somit leistet „Kopfstand“ auch einen Beitrag zu „Rehabilitation vor Rente“.
Es ist unser Ziel, für 58 dieser Personen im Projektzeitraum – innerhalb von 4 Jahren - eine gesundheitlich angemessene sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu realisieren. Rund 80 Prozent dieser Beschäftigungsverhältnisse sollen durch eine intensive Unterstützung nachhaltig gestaltet werden, d. h. für mindestens sechs Monate fortbestehen.
Außerdem möchten wir, über die Projektlaufzeit hinaus, Erkenntnisse und Erfahrungen gewinnen, welche Unterstützung langzeitarbeitslose Menschen mit komplexem gesundheitlichen Unterstützungsbedarf bedürfen.
1.4. Verstetigung:
Die Verstetigung i.S. Verallgemeinerung und Übertragbarkeit wird insbesondere möglich durch regelmäßigen Wissenstransfer, intern und extern, sowie Weiterentwicklung, ausgerichtet an Kunden*innen und ihren Bedürfnissen, und unter Beteiligung der Mitarbeiter*innen des Projektes sowie externer Partner.
Außerdem ist die Erstellung einer sog. „Landingpage“/Online-Plattform einschließlich einer (digitalen) Broschüre als Wegweiser für Präventionsangebote in der Region Döbeln als Arbeitshilfe für alle Akteure und die Projekteilnehmenden angedacht. Mit diesem Arbeitsmittel und den Erfahrungen der Gesundheitsmentoren wird der schrittweise Transfer in das Regelgeschäft des Jobcenters Mittelsachsen unterstützt. Diese wird auch nach Projektende zur Verfügung stehen.
Eine ausreichende finanzielle Deckung der erforderlichen Personal- und Sachkosten ist in wichtiger Fakt für eine wirksame Verstetigung. Ein zweiter ist, dass den gesundheitlich eingeschränkten langzeitarbeitslosen Personen keine Kostenbarrieren zur Teilnahme an den Angeboten im Wege stehen. Die Nachhaltigkeit wird bei der Projektumsetzung strikt fokussiert.
2. Projektaufbau:
2.1. Beschreibung der Maßnahmen:
Das Hauptaugenmerk unseres Projektes liegt in der gesundheitlichen und sozialen Stabilisierung der Menschen. Unter Berücksichtigung der persönlichen Voraussetzungen des Einzelnen werden wir individuell angepasste Aktivierungs- und Förderpläne entwickeln, um die oben genannten Projektziele teilnehmer- und zielorientiert zu bearbeiten. Die Ziele des Projektes wollen wir in eng verzahnter Zusammenarbeit mit den Teilnehmenden, ggf. seinem sozialen Umfeld sowie regionalen Unternehmen erreichen.
Arbeitgeber*innen sollen für die Zielgruppe sensibilisiert und zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen motiviert werden. Die bereits bestehende Kooperation mit den Krankenkassen wird durch „Kopfstand“ ergänzt. Bedarfsbezogene weitere Kooperationen u.a. mit medizinischen Einrichtungen, Beratungsstellen und verschiedenen Ämtern des Landkreises sollen geschlossen bzw. ausgebaut werden.
Unser Projekt „Kopfstand“ sieht eine Teilnahmedauer von bis zu 24 Monaten je Teilnehmer*in vor. Für die Nachbetreuung und Stabilisierung nach Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ist zusätzlich noch eine Teilnahmedauer bis zu 24 Monaten je Teilnehmer*in (in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme – nach dem 01.10.2024 längstens bis zum 30.09.2026) möglich.
Die Projektmitarbeiter*innen führen in regelmäßigen Abständen Teamberatungen durch, u.a. unter Beteiligung der Reha-IFK des JC sowie der Reha-Berater der Agentur für Arbeit), um
- Aktivierungs- und Förderpläne in gegenseitiger Absprache weiter zu entwickeln,
- gemeinsam weitere Schritte im Projektverlauf zu planen und diesen an den Bedarf der Teilnehmenden anzupassen,
- Fördereinheiten gemeinsam zu entwickeln,
- Kurse und Aktivitäten bedarfsorientiert vorzubereiten und durchzuführen,
- geeignete Kooperationspartner zu akquirieren.
Insgesamt umfasst das Projekt „Kopfstand“ sechs Arbeitspakete (AP):
- AP 1 – Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit
- AP 2 – Teilnehmergewinnung
- AP 3 – Aktivierungs- und Förderplanung
- AP 4 – Einstieg in den Arbeitsmarkt
- AP 5 – Stabilisierung der Beschäftigung
- AP 6 – Administration/Evaluierung
Im Folgenden sind die im Projektverlauf zum Einsatz kommenden AP inklusive deren zeitlicher Eingliederung, zu erzielende Meilensteine sowie Inhalte und notwendige Arbeitsschritte dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass mit jeder Teilnehmerin bzw. mit jedem Teilnehmer stets im Rahmen des individuellen Bedarfs innerhalb der einzelnen AP gearbeitet wird. Die zu bearbeitenden Inhalte werden entsprechend der gemeinsam mit den Teilnehmenden erarbeiteten individuellen Förderplanung teilnehmerspezifisch festgelegt und durchgeführt.
Beim AP 1 handelt es sich um flankierende Maßnahmen, die für eine erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung des Projektes über den gesamten Zeitraum (01.11.2021 bis 31.10.2026) zur Anwendung kommen und durch die Projektmitarbeiter*innen mit Unterstützung der Projektleiterin sowie des Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit des Jobcenters umgesetzt werden. Dabei sollen auch Auftragsvergaben, Kooperationspartner und Netzwerke einbezogen werden. Erste Absichtserklärungen/Kooperationen zur Unterstützung des Projektes liegen bereits vor. So ist z. B. Gegenstand der Kooperation mit der Deutschen Rentenversicherung Bund die Organisation und Durchführung einer jährlichen Veranstaltung zum Thema „Prävention und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“.
Das Projektziel kann nur erreicht werden, wenn die gesundheitlich Betroffenen mit ihren Problemen und Herausforderungen ganzheitlich in den Blick genommen werden. Die Projektmitarbeiter*innen werden jedoch nicht alle Probleme allein regeln können. Sie sollen sensibilisieren und analysieren und damit die Problemlagen herausfinden und welche jobcenterinternen sowie externen Partner dafür in Frage kommen.
Zu Projektbeginn soll ein Kernnetzwerk in einer Auftaktveranstaltung initiiert werden. Weitere Partner können im Projektverlauf hinzukommen. So soll ein Netzwerk entstehen, in dem alle Organisationen vertreten sind, die für eine erfolgreiche Projektumsetzung benötigt werden. Dazu ist ein professionelles Netzwerkmanagement erforderlich, gesteuert und koordiniert durch die/den Projektkoordinator*in. Wichtig ist, dass sich die Netzwerkpartner regelmäßig austauschen, gemeinsam die Zusammenarbeit reflektieren. So können Korrekturen vorgenommen werden und es kann verhindert werden, dass das Netzwerk abebbt.
Als weiteres Element ist die Erstellung einer sog. „Landingpage“/Online-Plattform einschließlich einer (digitalen) Broschüre als Wegweiser für Präventionsangebote in der Region Döbeln Kern des AP 1. Alle Partner können ihre Angebote platzieren und erhalten gegenseitig Transparenz über die Angebote. Projekteilnehmenden können sich digital informieren und via Email/Chat Kontakt zu den Mitarbeitern des Projektes, ggf. auch zu Netzwerkpartnern, aufnehmen.
Die Öffentlichkeit informieren wir regelmäßig durch Pressemitteilungen über die erzielten Ergebnisse und Erfolge. Die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Mittelsachsen sollen erfahren, wie Bundesmittel innovativ zur Vermeidung von Rehabilitation und vorzeitigem Renteneintritt eingesetzt werden. Darüber hinaus werden wir unsere Projekterfahrungen in Arbeitskreise und Gremien tragen. Auf diese Weise wirkt das Projekt nachhaltig auf eine Verbesserung der Aktivierungs- und Integrationschancen von Langzeitarbeitslosen mit gesundheitlichen Einschränkungen.
Arbeitspaket 2 Teilnehmergewinnung (Eingangsphase)
In der Eingangsphase wird die Basis für einen konstruktiven Einstieg in das Projekt sowie für eine inhaltlich zielorientierte Durchführung geschaffen. Es soll sich um einen fortlaufenden Prozess über einen Zeitraum von 3 Jahren (01.01.2022 bis 31.12.2024) handeln. Im AP 2 liegt die Anzahl der Teilnehmenden um ca. 25 % über der tatsächlichen Zahl der Teilnehmenden, mit denen das AP 3 (individuelle Aktivierungs- und Förderplanung) begonnen wird. Ziel des AP2 sind 180 freiwillige Teilnehmer*innen.
Inhalt des APs 2 ist die Kontaktierung, Mobilisierung und Motivierung der Menschen mit nicht nur vorübergehenden gesundheitlichen Einschränkungen zur Schaffung der Grundlagen für eine freiwillige Projektteilnahme und Erstellung einer individuellen Aktivierungs- und Förderplanung.
Um einen ersten Eindruck von den individuellen gesundheitlichen Problemen und Gegebenheiten der für das Projekt in Frage kommenden Personen zu erhalten, führen die Projektmitarbeiter*innen Einzelgespräche durch. Dabei können Vorstellungen, Erwartungen und ggf. auch Ängste gegenüber dem Projekt thematisiert werden. Ein weiteres wichtiges Anliegen im Rahmen der Teilnehmergewinnung ist die Besprechung von Normen und Verhaltensregeln während des Projektes. In diesen Gesprächen spielt eine von Wertschätzung geprägte Atmosphäre eine grundlegende Rolle. Darüber hinaus werden nach erteilter schriftlicher Einwilligung in diesem Rahmen erste relevante teilnehmerbezogene Daten in den jobcenterinternen Fachverfahren erhoben, welche von Relevanz für die individuelle Aktivierungs- und Förderplanung sowie die wissenschaftliche Begleitung des Projektes sind.
Für eine ressourcenorientierte, erfolgsversprechende Durchführung des Projektes ist es unter Berücksichtigung der individuellen Einschränkungen notwendig, alle Informationen zum persönlichen und beruflichen Werdegang, spezifischen Fertigkeiten und Kenntnissen, zum sozialen Umfeld und zu Schlüsselkompetenzen des Teilnehmenden zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren bzw. zu erfassen. Dabei werden auch Fragen zur Mobilität sowie Verkehrsanbindung und Kinderbetreuung besprochen.
Um möglichst viele Personen der Zielgruppe zu erreichen, kommt bei Bedarf bereits im Rahmen der Teilnehmergewinnung die aufsuchende Sozialarbeit zum Einsatz.
Arbeitspaket 3 Aktivierungs- und Förderplanung (Hauptphase)
Ziel des APs 3 ist es, die Handlungsfähigkeit (wieder) herzustellen wie auch die Erwerbsfähigkeit der Teilnehmenden zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Der Zugang in die Erwerbsminderungsrente soll vermieden werden.
Die Hauptphase unseres Modellvorhabens „Kopfstand“ beginnt mit der Bearbeitung im Rahmen des APs 3. Jede Projektteilnehmerin bzw. jeder Projektteilnehmer erhält Unterstützung in allen gesundheitlichen sowie persönlichen und arbeitsmarktrelevanten Belangen. Wesentliches Handwerkzeug zur Unterstützung ist der individuelle Aktivierungs- und Förderplan, der die konkrete Ausgestaltung der individuellen Begleitung im Hinblick auf Art, Umfang und Zeitpunkt bzw. Zeitraum der jeweiligen Unterstützungsleistung regelt. Darüber hinaus werden die konkreten Schritte zur Zielerreichung sowie die Verantwortlichkeiten festgelegt. Aus dem jeweiligen Förderbedarf werden gemeinsam Grob- und Teilziele formuliert. Das Instrument der individuellen Aktivierungs- und Förderplanung wird kontinuierlich während des gesamten APs 3 und aller evtl. noch folgender AP umgesetzt.
Das erste Gespräch innerhalb des APs 3 findet für jede Projektteilnehmerin bzw. für jeden Projektteilnehmer zeitnah nach Beendigung des APs 2 statt und umfasst ca. 1 bis 2 Stunden. Es stellt eine Vertiefung des zu Projektbeginn durchgeführten Erstgespräches dar. Dabei wird herausgearbeitet, unter welchen Umständen frühere Ausbildungen oder Arbeitsverhältnisse beendet wurden und welche Rückmeldungen jeweils an den Projektteilnehmenden ergingen. Dabei wird die gesundheitliche Situation besonders berücksichtigt, die persönlichen gesundheitlichen Risiken festgestellt und die körperlichen Voraussetzungen sowie gesundheitlichen Einschränkungen werden erfasst. Evtl. gegebene Bedarfe zur Rehabilitation sollen erkannt werden. Das Projektpersonal legt gemeinsam mit den Teilnehmenden individuelle Präventionsziele fest und dokumentiert sie in einem Aktivierungs- und Förderplan.
Zur Gesprächsunterstützung sollen im Projektverlauf durch die Projektmitarbeiter*innen testdiagnostische Fragebögen entwickelt werden.
Für jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer wird ein Aktivierungs- und Förderplan innerhalb von vier Wochen nach Projekteintritt (Unterzeichnung der Einwilligungserklärung zur Projektteilnahme) individuell erstellt, der dann im weiteren Projektverlauf stetig fortgeschrieben wird. Das AP 3 startet am 01.01.2022 nach Eintritt der ersten Teilnehmenden und endet in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Projekteintritts spätestens nach einer Verweildauer von 24 Monaten bzw. spätestens zum 31.12.2025.
Ziel der Aktivierungs- und Förderplanung ist die Erstellung eines Fähigkeits-, Leistungs- und Interessenprofils unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen, die Steuerung und Transparenz des individuellen Projektverlaufes und die Absicherung des Projekterfolges.
Die Präventionsziele und der daraus abgeleitete Aktivierungs- und Förderbedarf werden gemeinsam mit der Teilnehmerin bzw. dem Teilnehmer in Einzelgesprächen erarbeitet. Dabei ist es wichtig, dass sowohl der Teilnehmende sich selbst reflektiert, als auch Hinweise und Einschätzungen von Seiten der Mentoren einfließen. Ziel ist ein Abgleich zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung. Aus dem jeweiligen Förderbedarf werden gemeinsam Ziele formuliert sowie notwendige Schritte zur Zielerreichung mit dem Teilnehmenden erarbeitet und dokumentiert. Dabei werden nicht nur die Pflichten des Teilnehmenden herausgearbeitet, sondern auch in welcher Art und in welchem Umfang die Unterstützung durch die Projektmitarbeiter*innen oder durch Dritte erfolgt.
Sollten die gesundheitlichen Einschränkungen des Teilnehmenden bisher noch nicht ausreichend belegt sein, wird deren Feststellung als einer der ersten Schritte im Aktivierungs- und Förderplan aufgenommen. Die Einbindung eines fachkundigen Kooperationspartners (z.B. ärztlicher Dienst bzw. berufspsychologischer Service der Bundesagentur für Arbeit) ist erforderlich.
Die Gesundheitsmentoren werden im Rahmen unterschiedlicher Angebote (z. B. Training zur aktiven Bewältigung von Arbeitslosigkeit - AktivA, Seminare zur Stressbewältigung, Kurse zur gesunden Ernährung und Bewegung, Mobilitätstraining) Gruppenbildungsprozesse aktivieren und auf diese Weise die Entstehung des Wir-Gefühls begünstigen. Auf diesen Punkt legen wir in der gesamten Hauptphase besonderen Wert, da sich funktionierende Gruppen positiv auf den individuellen Projektverlauf der Menschen auswirken, mangelnder Behandlungseinsicht und Projektabbrüchen entgegenwirken und somit das Erreichen des Projektziels begünstigen. Die Gruppe kann helfen, Potenziale des Einzelnen zu entwickeln und soziale Kompetenzen zu fördern. Individuell werden den Teilnehmenden verschiedene Maßnahmen als Einzel-/Gruppenangebote unterbreitet. Je nach Erfordernis wird jede*r Einzelne durch die Gesundheitsmentoren gezielt angesprochen und zur Teilnahme motiviert. Die verschiedenen Schulungen vermitteln einen ersten Einblick, wie sie/er z.B. besser mit psychischer Belastung umgehen kann, wie sich gesunde Ernährung, Entspannungsübungen oder regelmäßige Bewegung positiv auf die Gesundheit auswirken.
Durch das sich anschließende gemeinsame Training von Teilnehmenden unter fachkundiger Anleitung von Projektpersonal oder Dritten wird das erworbene Wissen vertieft und praktisch angewendet. Durch regelmäßige Kurse soll eine Verbesserung der physischen und psychischen Belastbarkeit erreicht werden. Die Teilnehmenden sollen sich daran gewöhnen, gesunde Ernährung, Sport und Entspannungsübungen in ihren Alltag zu integrieren. Gruppendynamische Prozesse sollen dazu beitragen, verfestigte Ansichten und Abläufe zu durchbrechen und die Zielgruppe ihren persönlichen Präventionszielen näherbringen. Die Selbstkompetenz und Teamfähigkeit wird durch Gruppenaktivitäten (z. B. Aktionstage zu Mobilität und Gesundheit) gestärkt. Gleichzeitig können soziale Kontakte aufgebaut werden, im Idealfall mit Nachhaltigkeit.
Durch eine entwicklungsfördernde Beratung und Einzelfallhilfe, u. a. Begleitung zu Hilfs- und Unterstützungseinrichtungen (z. B. Beratungsstellen, Fachdiensten) und eine Vorstellung von Therapie- und Kursangeboten (z. B. der Psychiatrischen Tagesklinik Döbeln, der Volkshochschule und von Sportvereinen des Kreissportbundes) soll zu deren Inanspruchnahme motiviert werden und so die Phase der Eigeninitiative eingeleitet werden.
Die Teilnehmer*innen werden aktiv in den Gesamtprozess der Planung von Angeboten einbezogen. Mit den Angeboten soll der aktuelle Gesundheitszustand der Projektteilnehmer*innen verbessert oder zumindest stabilisiert werden. Psychische Beeinträchtigungen sollen als Krankheit anerkannt, Behandlungseinsicht soll erzeugt, das Selbstwertgefühl gestärkt und soziale Isolation gelöst werden.
Im AP 3 werden nach Bedarf und Möglichkeit Kooperationen mit Partnern für die Durchführung von gesundheitsfördernden Maßnahmen geschlossen. Die Auswahl der Kooperationspartner erfolgt nach Kompetenz und vorhandenen Referenzen, als Arbeitsmittel kann die im AP1 entwickelte Landingpage dienen. Damit soll ein vielfältiges Angebot im Projektverlauf erreicht werden. Außerdem beabsichtigen wir über den gesamten Zeitraum des AP 3 hinweg regelmäßig Gesundheitstage durchzuführen sowie Informationen über Leistungsangebote der Krankenkassen weiterzugeben. Zu unterschiedlichen Problematiken (z. B. Sucht) wird es mit der Unterstützung regionaler Kooperationspartner Aktions- oder Thementage geben.
Die Dauer des APs 3 orientiert sich am individuellen Aktivierungs- und Förderbedarf des Einzelnen und endet spätestens nach 24 Monaten oder mit Übergang in AP 4. Sollte - aus in der Person liegenden Gründen - keine Vermittlung in eine Beschäftigung realisierbar sein, endet das Projekt für diese Teilnehmer*innen mit dem AP 3.
Im Ergebnis des APs sollen die Teilnehmer*innen ein Bewusstsein für den eigenen Körper entwickelt und die Einsicht erlangt haben, dass sie etwas für sich tun sollten und dies auch können. Durch die Aktivierung über die Maßnahmen der Gesundheitsförderung zeigen sich die Projektteilnehmer*innen selbstbewusster, erkennen ihre Probleme besser und können somit ihren Alltag besser bewältigen. Dadurch kann bei einigen mit der Heranführung an den Arbeitsmarkt begonnen werden.
Arbeitspaket 4 Einstieg in den Arbeitsmarkt
Der Einstieg bzw. Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt ist verbunden mit der Übernahme sozialer Rollen und sozialer Verantwortung, Selbstkontrolle, Neuentdeckung sowie Fortschreibung einer realistischen Biographie. Dieser Prozess bereitet Langzeitarbeitslosen erfahrungsgemäß enorme Schwierigkeiten. An dieser Stelle setzt das AP 4 an und versteht sich als Unterstützungsangebot, in dem es den besonders benachteiligten Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen im Hinblick auf den Übergang in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hilft, welche bereits einen intensiven Aktivierungsprozess zur Stabilisierung ihrer Gesundheit (AP 3) durchlaufen haben und schließlich in der Lage sind, mit Hilfe weiterführender Unterstützung durch das Projekt den Schritt in Richtung Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu gehen. Unser Anspruch ist es, für mindestens 58 Personen den individuellen Weg in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu ebnen.
Der Übergang zwischen AP 3 und AP 4 findet fließend statt, so dass eine reibungslose Fortsetzung der individuellen Förderung des Einzelnen gewährleistet ist.
Zum Erreichen des Zieles werden den Teilnehmenden verschiedene unterstützende Maßnahmen an die Hand gegeben. Gemeinsam wird ein Kompetenzprofil erstellt in dem sich Stärken und Schwächen wieder spiegeln. Es werden mögliche fachliche Entwicklungsschwerpunkte ausgemacht und über Qualifizierungen Abhilfe geschaffen. Im gleichen Zug wird der Umgang mit nicht abstellbaren Schwächen besprochen und wie diese im Integrationsprozess zu bewerten sind. Die vorhandenen Erkenntnisse aus dem Kompetenzprofil werden in aktuelle Bewerbungsunterlagen überführt. Dazu werden vorhandene Unterlagen der Teilnehmer*innen überarbeitet beziehungsweise, wenn notwendig, komplett neu erstellt. In diesem Schritt sind Kompetenzen in der Arbeit mit einem PC notwendig. Diese werden über Kurse vermittelt, die an das Wissensniveau der Teilnehmenden angepasst sind. Im Zuge dieser Kurse wird den Teilnehmenden der PC auch als Werkzeug zur Stellensuche nähergebracht. Parallel wird am persönlichen Auftreten gearbeitet. Den Mentoren kommt in dieser Phase die Aufgabe des Motivators zu, da die Teilnehmer*innen Änderungen in Auftreten und Außenwirkung sehr oft als gravierende Änderungen ihres bisherigen Lebens sehen und diesen mit Ängsten und Ablehnung begegnen.
Bis zu diesem Punkt besitzen die Teilnehmer*innen ein (sich laufend weiterentwickelndes) Kompetenzprofil, aktuelle flexibel einsetzbare Bewerbungsunterlagen zusammen mit den notwendigen Kenntnissen zur persönlichen positiven Selbstdarstellung.
Im folgenden Schritt beginnt die aktive Bewerbungsphase. Diese beinhaltet das Versenden beziehungsweise die persönliche Abgabe der Bewerbungsunterlagen und auch das Nachhalten der Bewerbungen. Telefonkontakte mit potentiellen Arbeitsgebern werden notwendig. Das Projekt bietet in diesem Fall als Unterstützung ein Telefon- bzw. Kommunikationstraining an.
Die Gesundheitsmentoren unterstützen die Teilnehmer*innen durch eigene Kontaktaufnahmen zu Arbeitgebern. Kommt es im Folgenden zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch, werden die Teilnehmer*innen individuell darauf vorbereitet. Dies beinhaltet die konkrete Informationsbeschaffung zu dem Unternehmen, die Diskussion zu möglichen Fragen und Antworten im Rahmen des Vorstellungsgespräches und natürlich die Motivation der Bewerberin bzw. des Bewerbers um mögliche Vorurteile, Hemmschwellen und Angstfaktoren zu mildern. Das Ergebnis eines Vorstellungsgespräches wird gemeinsam ausgewertet. Kommt es zu einer Absage werden mögliche Gründe analysiert. Eine Zusage kann mehrere Wege eröffnen. Z.B. kann in Abstimmung mit dem Teilnehmenden und dem Arbeitgeber zunächst eine Probearbeit vereinbart werden. Die Probearbeit wird vorher, während und danach durch das Projektpersonal begleitet. Eine andere Möglichkeit kann sein, dass die Teilnehmerin bzw. der Teilnehmer zunächst in Form eines Minijobs angestellt werden. Auch hier erfolgt eine weitere Begleitung mit dem Ziel Ausbau der Beschäftigung. Für den Fall einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ist das Angebot einer Arbeitgeberförderung möglich. Diese Förderung soll aus dem Eingliederungstitel gewährt werden.
Der laufende Kontakt vor und während der Arbeitsaufnahme zum Teilnehmenden und zum Arbeitgeber ist in allen 3 Fällen unabdingbarer und wesentlicher Bestandteil des Projektes. Nur so kann plötzlichen Änderungen rasch begegnet und Abbrüche können verhindert werden. Zusammengefasst ist das Ziel des APs 4 die Integration des Teilnehmenden in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.
Es wird von einer durchschnittlichen Verweildauer von 4 Monaten pro Teilnehmenden im AP 4 ausgegangen. Auf Grund der individuell erforderlichen Einstiegsbegleitung ist ein Personalschlüssel von 1 Gesundheitsmentor*in zu 20 Teilnehmenden als Obergrenze vorgesehen. Das AP schrittweiser Einstieg in den Arbeitsmarkt startet am 01.07.2022 und endet spätestens am 31.03.2026.
Arbeitspaket 5 Stabilisierung der Beschäftigung (Nachbetreuungsphase)
Ein stabiles Beschäftigungsverhältnis ist nicht nur im Sinne des Teilnehmenden, sondern auch im Sinne des Unternehmens. Die Gesundheitsmentoren sprechen das weitere Vorgehen nach Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sowohl mit dem Teilnehmenden als auch mit dem Betrieb detailliert ab.
Das Ziel einer nachhaltigen, stabilen Beschäftigung wird begleitet durch ein kontinuierliches, intensives Coaching über das Projektpersonal für die Dauer von mindestens 6 Monaten. Ist dieses Ziel erreicht, erhalten die/der Projektteilnehmer*in einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 500 Euro, die sog. „Durchhalteprämie“.
Die Kontaktdichte innerhalb der Stabilisierungsphase orientiert sich am individuellen Bedarf und wird im Förderplan dokumentiert. Die Mentorin bzw. der Mentor werden sich zu den vereinbarten Zeitpunkten in regelmäßigen Abständen mit dem am Projekt teilnehmenden Beschäftigten sowie bei Bedarf auch mit dem Unternehmen in Verbindung setzen, um den aktuellen Stand sowie die gesundheitliche und persönliche Situation zu erfragen. Die Kontakte finden persönlich oder telefonisch statt und dienen neben der Stabilisierung der Beschäftigung auch der Stabilisierung der Gesundheit und der Persönlichkeit des Teilnehmenden. Darüber hinaus steht es dem Beschäftigten frei, jederzeit den Kontakt zur Gesundheitsmentorin bzw. zum Gesundheitsmentor von sich aus zu suchen, um auch weitere Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Das AP 5 umfasst einen zeitlichen Umfang von längstens 24 Monaten pro Teilnehmenden und endet spätestens am 30.09.2026 (einen Monat vor dem Projektende).
Arbeitspaket 6 Administration/Evaluierung
Die Verwaltung und administrative Abwicklung von „Kopfstand“ soll durch eine Fachexpertin bzw. einen Fachexperten mit Erfahrungen im Bereich des Zuwendungsrechts, mit einem Stellenanteil von 0,75 erfolgen. Dadurch soll die Mittelbewirtschaftung, das Projektmonitoring und die Dokumentation für eine erfolgreiche Projektumsetzung sichergestellt werden. Diese*r Projektmitarbeiter*in überwacht die Einhaltung des Finanzierungsplanes und die zweckentsprechende Verwendung der Fördermittel durch ein permanentes Controlling und ist für die Erstellung von Verwendungsnachweisen zuständig.
Die Hochschule Mittweida, Fakultät Soziale Arbeit soll das Projekt „Kopfstand“ auf der Grundlage des Bundesprogrammes Modellvorhaben rehapro im Zeitraum vom 01.04.2023 bis 30.09.2026 wissenschaftlich begleiten und evaluieren.
Ziel der Evaluation soll sein, die Durchführung des Projektes „Kopfstand“ und dessen Wirkung wissenschaftlich zu unterstützen und zu bewerten. Im Fokus steht dabei besonders die Bewertung des Erfolgs und der Wirksamkeit des Projektes ausgerichtet an konkreten einzelfallbezogenen Zielen und Erfolgsindikatoren der Teilnehmer*innen. Es soll untersucht werden, ob und wie Langzeitarbeitslose mit gesundheitlichen Einschränkungen durch eine intensive, vermittlungsorientierte und ganzheitliche Begleitung im Rahmen der eingesetzten Instrumente und Strategien wirkungsvoll unterstützt werden können. Dabei spielt der Einsatz eines Coachings durch Gesundheitsmentoren ergänzt durch sozialpädagogische Begleitung eine herausragende Rolle.
Im Rahmen wissenschaftlicher Evaluationen werden Bewertungen und die Überprüfung der Wirksamkeit von Produkten, Gesetzen, Projekten oder Programmen etc. durch die Anwendung empirischer Forschungsmethoden vorgenommen. Diese können die gesamte Bandbreite sozialwissenschaftlicher Forschungsparadigmen und der damit zusammenhängenden Forschungsmethoden umfassen. Evaluationen können je nach Erkenntnisinteresse eher formativ, d.h. aktiv-gestaltend, prozessorientiert, konstruktiv und kommunikationsfördernd oder mehr summativ, d.h. zusammenfassend, bilanzierend und ergebnisorientiert angelegt sein. Die formative Evaluation hat zum Ziel, die laufende Intervention zu begleiten und zu beobachten, Zwischenergebnisse zu erstellen und zu analysieren. Damit ist es möglich, in die laufende Intervention steuernd einzugreifen und eventuelle Veränderungen herbeizuführen. Die summative Evaluation unterscheidet sich von der formativen Evaluation darin, dass hier nach Abschluss der Intervention zusammenfassend und bilanzierend die Wirksamkeit derselben beurteilt wird. Prinzipiell können beide Evaluationsperspektiven bei allen Phasen des Evaluationsprozesses eingenommen werden. Die Kombination beider Evaluationsperspektiven wird bei dem hier evaluierten Projekt „Kopfstand“ berücksichtigt.
Für die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation des Projektes „Kopfstand“ soll ein Mix aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Methoden gewählt werden. Es können sowohl quantitative Methoden und Analyseverfahren ebenso zum Einsatz kommen wie qualitative Methoden der Datenerhebung, Datenerfassung und Datenauswertung. Dieser Methodenmix erlaubt es dem Evaluationsteam, das Fallgeschehen im institutionellen Setting des Projektes mit Hilfe vielfältiger Materialien darzustellen. Dokumentationen, Charakterisierungen, Beschreibungen und Bewertungen stützen sich somit nicht nur auf einen Beleg. Eine Datenerhebung soll auf allen einbezogenen Untersuchungsebenen erfolgen. Diese werden miteinander interpretativ verknüpft.
Damit wird es ermöglicht, sowohl die soziale Struktur und die Lebenslagen der Teilnehmer*innen aufzubereiten und zu beschreiben als auch die Veränderungen und die Weiterentwicklung der individuellen Beschäftigungs- und Integrationsfähigkeit in einem Zusammenhang darzustellen und zu analysieren. Dabei wird vor allem untersucht, welchen Einfluss der Einsatz der verschiedenen Instrumente und Maßnahmen (Gesundheitsmentor*innen, Präventionsangebote und Prämien etc.) des Projektes „Kopfstand“ auf die Herstellung und Beibehaltung der Beschäftigungsfähigkeit der Teilnehmer*innen und damit auf eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt ausübt.
2.2. Zielgruppe und Fallzahl:
Die Zielgruppe ist häufig durch multiple Vermittlungshemmnisse, soziale Isolierung, fehlende Motivation und extrem lange Arbeitslosigkeit geprägt. Es handelt sich um Menschen, die das Verantwortungsgefühl für die eigene Person in gesundheitlicher, sozialer und beruflicher Hinsicht sowie die Selbständigkeit und Sicherheit im eigenen Handeln verloren haben. Oft liegen keine oder auf Grund der gesundheitlichen Einschränkungen wenig verwertbaren Berufsabschlüsse vor, die Mobilität ist stark eingeschränkt und es bestehen kaum Netzwerke, auf welche die Zielgruppe zurückgreifen kann. Für diese Menschen sind die Angebote der Kooperation mit dem GKV-Bündnis nicht passend und/oder nicht ausreichend.
Zur Zielgruppe zählen Menschen mit:
- Vermittlungsrelevanten, komplexen Einschränkungen im Leistungsvermögen (z. B. körperliche, psychische oder seelische Einschränkungen),
- abgebrochenen Beschäftigungen oder Maßnahmen infolge des veränderten Leistungsvermögens,
- einem angezeigten medizinischen Rehabilitationsbedarf ohne Behandlungsbefund,
- abgeschlossenen Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation (z. B. Kur) und
- längerer stationärer Unterbringung.
- einem klar erkennbaren bzw. bereits festgestellten Rehabilitationsbedarf durch bereits bewilligte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, ärztliche oder psychologische Gut-achten oder Ergebnisse einer medizinischen Rehabilitation mit entsprechenden Empfehlungen,
- anerkannten Behinderungen (mit Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes) oder Gleichstellungen (von der Arbeitsagentur),
- gesetzlicher Betreuung bzw. Assistenzen und
- Bezug von voller oder teilweise Erwerbsminderungsrente.
Die nicht nur vorübergehenden gesundheitlichen Einschränkungen wurden bzw. werden innerhalb des Projektverlaufes durch den ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit festgestellt. Bei psychischen Beeinträchtigungen wird zusätzlich der berufspsychologische Service der Bundesagentur für Arbeit eingeschaltet.
Die Teilnehmergewinnung erfolgt so lange, bis jede*r Mentor*in 20 Betroffene für eine intensive Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis gewinnen konnte. Wird ein Platz in der Projektbetreuung frei, wird die Teilnehmeransprache erneut fortgeführt. Es wird mit insgesamt 180 Projekteintritten gerechnet. Motivationsbedingte Abbrüche wollen wir mit Hilfe der beschriebenen Projektinhalte so gering wie möglich halten.
Projektbeschreibung von Projektverantwortlichen übernommen.
Projektdaten
Beginn:
01.11.2021
Abschluss:
31.10.2026
Fördernummer:
662Z0361X1
Kostenträger:
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Bundesprogramm „Innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben - rehapro“ (zweiter Förderaufruf)
ICF-Bezug des Projekts:
- Das Projekt hat keinen ausdrücklichen ICF-Bezug.
Weitere Informationen zum Forschungsprojekt
Projektleitung:
- Anders, Andrea
Mitarbeitende:
- Keßler, Cornelia
Institutionen:
Jobcenter Mittelsachsen gE
Hainichener Straße 66A
09648 Mittweida
Telefon:
03727 9966700
E-Mail:
jobcenter-mittelsachsen.rehapro@jobcenter-ge.de
Homepage:
https://www.landkreis-mittelsachsen.de
Schlagworte:
- Abhängigkeitserkrankung |
- Allgemeiner Arbeitsmarkt |
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- Begleitung |
- Berufliche Integration |
- Beschäftigungsfähigkeit |
- Beschäftigungssicherung |
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- Selbsthilfe |
- Vermittlungshemmnis |
- Wissenschaftliche Begleitung |
- Zweiter Förderaufruf
Referenznummer:
R/FO126012
Informationsstand: 27.12.2021